Kunst & Kultur

Lindenmuseum Stuttgart - 8. Oktober 2022 bis 7. Mai 2023

Von Liebe und Krieg: Tamilische Geschichte(n) aus Indien und der Welt

Das Linden-Museum Stuttgart zeigt von
8. Oktober 2022 bis 7. Mai 2023 die Ausstellung „Von Liebe und Krieg: Tamilische Geschichte(n) aus Indien und der Welt“. Die Grosse Sonderausstellung des Landes Baden-Württemberg zeigt die Geschichte und Gegenwart tamilischer Kultur.

Lindenmuseum Ausstellung von Liebe und Krieg
Copyright: OPERA Amsterdam

Über 80 Millionen Menschen in Indien, Sri Lanka und anderen Teilen der Welt identifizieren sich als Tamil*innen: Sie teilen dieselbe Sprache, das Tamil, die ihren Ursprung im Süden Indiens hat. Von Liebe und Krieg versucht, ihre Geschichte und Geschichten auf vielfältige Weise erlebbar zu machen, indem unterschiedliche Menschen ihre Erzählungen über Kulturen und Identitäten von Tamil*innen teilen. Sie sprechen über soziale Bewegungen, darstellende und bildende Kunst, Aspekte der Alltagskultur und religiöse Vielfalt. Die Ausstellung zeigt dem Caṅkam-Zeitalter zugeschriebene archäologische Objekte, eine Auswahl von Bronzen aus der Zeit der Cōḻa-Dynastie (9. -13. Jh.), aber auch Arbeiten von Künstler*innen des Madras Art Movement aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit der Kastengrenzen überschreitenden Bhakti-Mystik des Mittelalters, der „Dravidischen Bewegung“ des 20. Jahrhunderts oder dem bis 2009 andauernden Kampf der Liberation Tigers of Tamil Eelam um einen eigenen tamilischen Staat in Sri Lanka werden auch soziale Aspekte der Geschichte beleuchtet.

Liebe und Krieg, Akam und Puṟam
Die tamilische Sprache ist eine Sprache der Poesie. Sie wird seit über 3.000 Jahren gesprochen und transportiert Kultur und Werte der Tamil*innen. Dichter*innen waren seit jeher sehr geschätzt und galten als moralische Autoritäten. Sie schlossen sich in sogenannten Caṅkams zusammen und schufen Literatur, die bis heute gelesen wird und die Sprecher*innen des Tamils jenseits von Staaten, Kasten und Religionen verbindet. Gerade diese frühe Dichtung kannte zwei Hauptgattungen des künstlerischen Ausdrucks: Akam und Puṟam. Akam bedeutet das Innere, das Persönliche, das, was von Liebe handelt; Puṟam hingegen ist das Äussere, das Öffentliche, das, was vom Krieg handelt. Diese beiden Seiten sind in der gesamten Ausstellung vorhanden – in den erzählten Geschichten ebenso wie in den gezeigten Exponaten. Immer wieder tauchen auch Tiṇai auf, die in Dichtung, Kunst und Pop-Kultur mit Bildern aus den Landschaften Südindiens auf „innere Landschaften“ und mit ihnen verbundene Emotionen verweisen.

Religiöse Vielfalt
In der Ausstellung wird auch die die grosse religiöse Vielfalt erfahrbar, die es im Süden Indiens gibt. Neben eleganten Statuen aus den Tempeln der Cōḻa, einem Dorfschrein des Gottes Aiyanar und dem Aufbau bunter Kolu-Figuren sind auch historisch bedeutende Objekte aus der Blütezeit des Buddhismus und Jainismus zu sehen. Auch muslimische und christliche Kultur waren im Süden Indiens bereits früh zu finden und hatten gewichtigen Einfluss auf die tamilische Kultur und Kunst. So hatte der von muslimischen Händler*innen etablierte Sufi-Orden grossen Zuspruch, da er sich intensiv mit der hinduistischen Spiritualität austauschte. Als Dargah bezeichnete Schreine über den Gräbern bekannter Sufis entwickelten sich zu transreligiösen Pilgerorten für Hindus, Muslim*innen und Christ*innen.

Weltweite Kooperationen
Die Ausstellung ist kuratiert von Dr. Georg Noack (Linden-Museum Stuttgart) und Dr. M. D. Muthukumaraswamy (National Folklore Support Centre Chennai). Zusätzlich hat das Museum Partner*innen aus unterschiedlichen Teilen der Welt eingeladen, ihre Sicht auf Aspekte tamilischer Kultur, Kunst, Geschichte und Religionen beizutragen. In unterschiedlichen Modulen – Dichtung, soziale Bewegungen, Kunst, Populärkultur, Religion und Alltag – schafft „Von Liebe und Krieg“ so eine dichte Beschreibung aus diversen Positionen und Perspektiven. Auch viele der in der Ausstellung gezeigten Objekte verdankt das Museum weltweiten Kooperationen. Neben Exponaten aus der eigenen Sammlung werden Leihgaben aus dem Dänischen Nationalmuseum in Kopenhagen, der Eberhard Karls Universität Tübingen, der Gandy Gallery in Bratislava, der Franckeschen Stiftungen in Halle/Saale, dem Musée National des Arts Asiatiques – Guimet in Paris, dem Museum Fünf Kontinente in München, dem Museum für Asiatische Kunst Berlin, Stiftung Preussischer Kulturbesitz, dem Museum Rietberg in Zürich, der Religionskundlichen Sammlung der Philipps-Universität Marburg, der Roja Muthiah Research Library in Chennai, der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart sowie aus mehreren Privatsammlungen gezeigt.

Ausstellungsbegleitheft für Kinder: Ganapati – Glücksbringer und Wegbegleiter
Mit Rätseln und Aufgaben begleitet Ganapati Kinder durch die Ausstellung. Ganapati, der auch unter dem Namen Gaṇeśa, bekannt ist, wird als Glücksbringer verehrt. Mit ihm lernen Kinder bedeutende Dichter*innen und religiöse Figuren kennen, betrachten Kunstwerke oder schreiben tamilische Wörter. Die Ausstellungstour führt zu animierten Mythen an, lädt zu einem Familienfoto im Studio ein und zum Nachkochen eines Rezepts zuhause. Das Heft ist kostenfrei dank der Förderung durch die Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde e. V. und die BW Bank.

Kultur Südindiens rückt in den Blickpunkt
Arne Braun, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, sagte: „Das Land Baden-Württemberg pflegt intensive Beziehungen mit Indien, nicht zuletzt in der Hochschulbildung und der Forschung. Das Linden-Museum rückt mit dieser Ausstellung nun die Kultur Südindiens in den Blickpunkt und schafft damit auch Bezugspunkte zur grossen tamilischen Community in Baden-Württemberg. Gleichzeitig öffnet die Ausstellung die Chance für neue Partnerschaften im südlichen Teil des Subkontinents. Dass sie uns im Ministerium besonders wichtig ist, zeigt sich auch daran, dass sie im Rahmen der Grossen Sonderausstellungen gefördert wird. Mit den zusätzlichen Mitteln aus diesem Budget unterstützen wir die staatlichen Museen dabei, besonders qualitätvolle und publikumswirksame Ausstellungen zu zeigen.“